Reptil des Jahres 2013:

Die Schlingnatter

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Die Deutsche Gesellschaft für Herpetologie und Terrarienkunde (DGHT) und die Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch) haben die Schlingnatter (Coronella austriaca) zum Reptil des Jahres 2013 ernannt. Die für den Menschen harmlose, meist sehr heimlich lebende Schlange ist in der Bevölkerung kaum bekannt. Die Schlingnatter gilt in der Schweiz als „verletzlich“ (VU oder vulnerable; Rote Liste 2005) und ist, wie alle anderen Reptilienarten, durch das Natur- und Heimatschutzgesetz von 1967 vollständig geschützt.

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Die Schlingnatter ist in der ganzen Schweiz verbreitet, hat aber vor allem im Mittelland zwischen Genfer- und Bodensee in den vergangenen Jahrzehnten beträchtliche Arealverluste erlitten und ist dort mittlerweile sehr selten geworden. Viele Populationen sind erloschen, andere sind klein und hochgradig isoliert. Im Juragebirge und vor allem in den Alpen leben dagegen noch zahlreiche und teils individuenstarke Bestände. Die Art scheint einzig in weiten Teilen des Oberengadins zu fehlen.

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Die Schlingnatter besiedelt in der Schweiz tiefe Lagen um 200 m ü. M, wird in den Alpen aber auch noch in Höhenlagen von über 2.000 m ü. M. angetroffen. Der Schwerpunkt der Höhenverbreitung liegt bei rund 800 m ü. M., der aktuell höchstgelegene Fundort befindet sich auf 2.240 m ü. M in den Tessiner Alpen.

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Im Alpenraum und im Jura besiedelt die Schlingnatter in der Regel trockenwarme, steinige oder felsige Hanglagen mit mehr oder weniger südlicher Exposition. Dazu gehören natürliche Lebensräume wie Felsfluren, Block- und Blockschutt-halden, sogenannte Übersarungsflächen (Geröll- und Geschiebeflächen entlang von Fließgewässern) sowie Lawinen- und Steinschlagrunsen (Erosionsrinnen). Gerne werden aber auch anthropogene Standorte wie mit Lesesteinhaufen durch-setzte Weiden und Wiesen, Trockenmauerwerk aller Art, Gewässerverbauungen (Blockwurf, Gabionen), Wegränder, Steinbrüche und Kiesgruben besiedelt. Die verbleibenden Mittelland-Populationen finden sich zumeist auf strukturreichen Ruderalflächen, vor allem im Zusammenhang mit Eisenbahnanlagen. Auch naturnahe Gewässerverbauungen, Weinberge und Ruinen werden hier noch besiedelt. Neben der Ringelnatter wird auch die Schlingnatter recht häufig in Gärten angetroffen, sofern diese ein minimales Struktur- und Nahrungsangebot bereitstellen. In aller Regel handelt es sich dabei aber um marginale Vorkommen, angrenzend an ausgedehntere, qualitativ hochwertige Lebensräume, häufig Weinberge.

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Der erhebliche Rückgang der Schlingnatter vor allem in den tieferen Landeslagen der Schweiz dürfte hauptsächlich auf die Intensivierung der Landwirtschaft und den damit einhergehenden Verlust von Kleinstrukturen, namentlich Lesestein-haufen und Trockenmauern, sowie strukturreichen Böschungen zurückzuführen sein. Gleichzeitig wurden in den letzten Jahrzehnten zahlreiche südexponierte Gunstlagen überbaut – ein Trend, der nach wie vor anhält. Die harte Sanierung von Trockenmauerwerk mit dem vollständigen Vermörteln von Spalten und Ritzen führt lokal immer noch zu Habitatverlusten. Auch der eingeschränkte Geschiebehaushalt vieler korrigierter Fliessgewässer dürfte sich negativ auf die Schlingnatter ausgewirkt haben, weil dadurch offene Übersarungsflächen in optimalen Sukzessionsstadien fehlen. Vor allem im Juragebirge, teilweise aber auch in den Voralpen leidet die Schlingnatter – wie viele andere Reptilien auch – unter dem Verbuschen und Verwalden von Primärstandorten wie Blockhalden und Felsfluren, aber auch von strukturreichem Wiesen- und Weideland, das aus ökonomischen Gründen nicht mehr bewirtschaftet wird.

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Interessanterweise gibt es in der Schweiz Populationen mit ausgesprochen kleinwüchsigen Individuen, wohingegen die Art in anderen Gebieten beträchtliche Maximallängen erreicht. Den aktuellen Rekord hält ein Weibchen aus dem Unterenga-din mit einer Gesamtlänge von 93 cm. Die Schlingnattern einer auf 1.600 m ü. NN lebenden Population im Berner Oberland sind im Durchschnitt nur 56,8 cm lang, bei einer gemessenen Maximallänge von 63 cm.

  • Schlingnatter (Coronella austriaca)Schlingnatter (Coronella austriaca)

    Ausführliche Informationen über die Schlingnatter (Informationsbroschüre, pdf 7 MB) finden Sie zum kostenlosen Download unter folgendem Link:
    www.feldherpetologie.de
    Gedruckte Flyer und Informationsbroschüren hält die DGHT bereit. Diese können über die Geschäftsstelle per Email (gs@dght.de) oder telefonisch unter 0049 621 86 25 64 90 angefordert werden.

Verantwortlich: Dr. Axel Kwet (Vizepräsident DGHT) & Dr. Beat Akeret (Präsident DGHT-Schweiz), Dr. Andreas Meyer (karch). Fachlich unterstützt wird die alljährliche Wahl zum Reptil/Lurch des Jahres von den Kooperationspartnern NABU und BUND sowie von der Österreichischen Gesellschaft für Herpetologie (ÖGH) und der Koordinationsstelle für Amphibien- und Reptilienschutz in der Schweiz (karch).