Die
ersten Reptilien traten vor rund 300 Millionen Jahren auf. Ihre
Blütezeit erlebten sie dann im Erdmittelalter mit riesigen Formen
(Dinosaurier = "Schreckensechsen") und verschiedenen fliegenden
Arten. Vor rund 65 Millionen Jahren – zum Ende der Kreidezeit –
starben die meisten Arten aus.
Den entscheidenden Durchbruch bei der Eroberung der Landlebensräume
erreichten die Reptilien durch besondere Anpassungen zur Vermeidung
des Austrocknens. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die
Hautschuppenhaut – diese schützt die Tiere vor übermässigem
Flüssigkeitsverlust und bildet gleichzeitig einen guten Schutz vor
mechanischen Verletzungen – sowie die Fähigkeit zur Eiablage an
Land. Der Schutz des Embryos wird dabei vor allem erreicht durch die
Ausbildung einer hornige oder verkalkte Eischale sowie der
Entwicklung eines Amnions. Beim Amnion handelt es sich um eine
Embryonalhülle, die den Embryo und das Fruchtwasser enthält und über
den Nabelstrang in die embryonale Körperwand übergeht.
In keinem nachembryonalen Entwicklungsstadium tragen Reptilien
Kiemen. Erstmals in der Evolution der Wirbeltieren besitzen manche
Kriechtiere einen Blutkreislauf, bei dem sich venöses und
arterielles Blut nicht mehr mischen, d.h. der Herz- und der
Lungenkreislauf sind weitgehend getrennt.
Die Reptilien teilt man in 4 Ordnungen ein:
1. Schildkröten (Testudines)
Die Schildkröten zählen zu den altertümlichsten, heute noch lebenden
Reptilien. Die ca. 200 Arten mit Körpergrössen zwischen 10 cm und 2
m langen leben überwiegend in warmen Klimagebieten. Je nach
Systematik sind 6 bis 10 Arten sind im südlichen und südöstlichen
Europa verbreitet. Schildkröten bewohnen sowohl das Land,
Süsswasserseen, -flüsse und -bäche als auch das Meer. Die
Europäische Sumpfschildkröte (Emys orbicularis, Reptil
des Jahres 2015) ist die einzige Schildkrötenart in der
Schweiz.
Allen Schildkröten gemeinsam ist der mehr oder weniger vollständig
verknöcherte, mit der Wirbelsäule verwachsene und meist mit
Hornschildern bedeckte Panzer. Je nach Art können die Tiere ihre
Extremitäten sowie den Kopf mehr oder weniger in den Panzer
einziehen.
2. Krokodile (Crocodylia)
Auch der Ursprung dieser Reptiliengruppe reicht weit in
erdgeschichtlich frühere Epochen zurück. Heute leben nur noch 21
Arten in den Tropen und Subtropen der Erde, wo sie hauptsächlich
Flüsse und Seen bewohnen, einzelne Arten schwimmen jedoch ab und
zu auch aufs offene Meer hinaus. Während vor Millionen von
Jahren Krokodile auch in Europa vorkamen, fehlen sie hier heute
vollständig. Krokodile können Körperlänge von 1 - 6 m, in
Ausnahmefällen sogar bis 10 m erreichen. Solche Übergrössen
resultieren aus der Tatsache, dass Krokodile, im Gegensatz zu
den meisten anderen Wirbeltieren, zeitlebends weiterwachsen.
Kennzeichnend für die Krokodile ist die starke Einlagerung von
Knochenplatten in der Haut sowie der stark abgeplattete
Ruderschwanz. Nasen- und Augenöffnungen liegen an der obersten
Kopflinie, so dass die wichtigsten Sinnesorgane in fast
vollständig eingetauchtem Zustand des Körpers eingesetzt werden
können. Die Leistungsfähigkeit des Körpers wird bei den
Krokodilen wesentlich gesteigert, indem es hier in der
Vertebraten-Entwicklungsgeschichte erstmals zur vollständigen
Trennung des venösen vom arteriellen Blut kommt.
3. Brückenechsen (Rhynchocephalia)
Mit Ausnahme zweier nur molekulargenetisch unterscheidbarer
Arten (Tuataras; Sphenodon spp.) auf einigen
Neuseeland vorgelagerten Inseln, sind die Brückenechsen bereits
im Jura ausgestorben. Tuataras zeigen ausserordentlich
urtümliche Merkmale wie z.B. ein gut entwickeltes Stirnauge
(Parietalauge), einen doppelten Jochbogen und primitive, an
beiden Enden ausgehöhlte Wirbel.
4. Schuppenkriechtiere
(Squamata)
Die meisten heute noch lebenden Reptilien zählen zu dieser
erfolgreichen, "modernen" Gruppe. Ihre Haut ist mit Hornschuppen
bedeckt und Hautverknöcherungen treten nur relativ selten auf.
Kennzeichnend sind paarig gegabelte Begattungsorgane der
Männchen. Die meisten Arten sind eierlegend (ovipar).
Lebendgebärende (vivipare) Arten sind meist auf sehr trockene
oder kühle Klimazonen beschränkt.
Die Schuppenkriechtiere werden in 3
Unterordnungen unterteilt:
4. a) Echsen (Sauria)
Die Echsen sind mit ca. 6000 Arten eine sehr vielgestaltige und
uneinheitliche Gruppe mit Körpergrössen zwischen wenigen
Zentimetern bis über 3 m. In der Schweiz leben nur 6 Arten aus 3
Gattungen (Lacerta [echte Halsbandeidechsen], Podarcis
[Mauereidechsen] & Anguis [Blindschleichen].
Die meisten Echsen sind Landbewohner. Extremitäten sind in der
Regel vorhanden, können aber auch teilweise oder ganz
rückgebildet sein. Zwei Arten (Heloderma suspectum
& H. horridum) haben Giftdrüsen und -zähne
ausgebildet und gelten als Giftechsen.
4. b) Doppelschleichen (Amphisbaenia)
Doppelschleichen haben sich spezialisiert auf eine unterirdische
Lebensweise. Sie sind alle beinlos, bis auf die
Zweifuss-Doppelschleichen (Bipedidae), die jeweils ein paar
kurze Vorderbeine besitzen. Im Gegensatz zu den Schlangen laufen
die Schuppen als Ringe um den Körper. Doppelschleichen benutzen
ihren kräftigen Schädel zum Graben von Gängen, in denen sie nach
Würmern, Insekten und Larven suchen. Die Nasenlöcher zeigen nach
hinten, damit sie beim Graben nicht verstopft werden.
4. c) Schlangen (Serpentes)
Alle rund 3500 Schlangenarten sind beinlos. Die Gaumen- und
Kieferknochen sind stark verschiebbar und ermöglichen so das
Verschlingen sehr grosser Beutetiere. Das Mittelohr ist nicht
ausgebildet, so dass ein eigentliches Hören nicht möglich ist.
Schwingungen können nur als Erschütterungsreize des Untergrundes
wahrgenommen werden.
Die Augenlieder sind stets zu einer unbeweglichen,
durchsichtigen "Brille" verwachsen. Dies verleiht den Schlangen
ihren eigenartigen Blick. Manche Arten (einige Riesenschlagen
[Boidae] & Grubenottern [Crotalinae]) haben mittels
spezieller Wärmesinnesorgane einen unerhört feinen
Temperatursinn, der dem Auffinden warmblütiger Beutetiere dient.
Verschiedene Schlangenfamilien haben Giftdrüsen und Giftzähne
ausgebildet. Einige Arten können auch für den Menschen sehr
gefährlich sein. Der weitaus grösste Teil aller Schlangenarten
ist jedoch ungiftig und harmlos. Von den 8 einheimischen
Schlangenarten sind nur 2 giftig (Aspisviper [Vipera aspis]
& Kreuzotter [Vipera berus]). Bei beiden Arten
verursacht ein Biss starke, örtliche Schmerzen, Blutungen sowie
Gewebezerstörungen (Nekrosen). Bei sachgemässer Behandlung
verlaufen jedoch Bisse dieser beiden Giftschlangen glimpflich.
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